Course Image Kritische Humanismen im Maßstab der Welt - WiSe 2024/2025

Kritische Humanismen im Maßstab der Welt - WiSe 2024/2025

Nach der Foucaultschen Rede vom ›Ende des Menschen‹ und der Blütezeit des Antihumanismus ist seit Längerem eine diskursive Wiederkehr des Menschen zu beobachten, etwa in den Anthropozän-Debatten, in denen sich der Mensch als Gattungswesen von der eigenen erdverschlingenden Zerstörungskraft bedroht sieht. Berechtigterweise wurde der ›klassische‹ Humanismus der historischen Komplizenschaft mit dem Eurozentrismus, Kolonialismus, Rassismus und Sexismus bezichtigt. Und doch kann die hergestellte Verbindungslinie zwischen der humanistischen Tradition und der damit verbundenen, gerechtfertigten oder verdrängten Geschichte der Gewalt nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit dem Begriff des Humanismus immer auch utopische Menschheitsvisionen verbunden waren. Während der Humanismus nach den Erfahrungen des Faschismus und stalinistischen Terrors im sogenannten Westen zunehmend ins Abseits geriet, speist er im vermeintlichen Rest der Welt spätestens mit der Phase der Entkolonisierung gewaltige Hoffnungen auf eine bessere Zukunft. Das Seminar behandelt ebendiese Entwürfe eines ›anderen‹ und ›neuen‹ Humanismus, der je nach Spielart als ›universal‹, ›global‹, ›planetar‹, ›kritisch‹, ›radikal‹, ›antirassistisch‹, ›antikolonial‹ oder ›posthuman‹ bezeichnet werden kann. In je unterschiedlicher Weise handeln sie dabei die Spannung zwischen Einheit und Differenz, Ähnlichkeit und Alterität, Universellem und Partikularem, Abstraktion und Konkretem sowie Humanem und Nicht-Humanem aus. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie den Humanismus gerade nicht als Ideologie, sondern vielmehr als eine Form der Kritik des Inhumanen und der Entmenschlichung, als Reparation und Rehumanisierung und als gemeinsame Praxis begreifen, die auf eine starre Vorstellung des Menschen verzichtet.