Melancholie - SoSe 2024
Das Seminar beschäftigt sich mit der Thematisierung von Melancholie in Medizin, Philosophie, Religion und Literatur von der Antike bis zur Neuzeit, und es fragt nach den Repräsentationen dieses Wissens in der bildenden Kunst. Der Melancholie wurden in verschiedenen historischen und kulturellen Kontexten je unterschiedliche Bedeutungen zugeschrieben. Sie war in der Antike zunächst ein Begriff der Humoralpathologie: ein Temperament im Zeichen des Saturn, bevor sie in Mittelalter und nachreformatorischer Zeit auch spezifisch religiöse Dimensionen erhielt. Die sich anschließende Pathologisierung, Psychologisierung und Moralisierung der Melancholie in der Aufklärung sowie ihre besondere Ästhetisierung in der Literatur der Empfindsamkeit wird uns im Seminar ebenso beschäftigen wie Umformulierungen im 19. und frühen 20. Jahrhundert: die Assoziation von Melancholie und Zeit unter dem Vorzeichen von Vergeblichkeit, Vergänglichkeit und dem Schrecken der Gleichförmigkeit, die Verzweiflung an der modernen Geschichtsphilosophie sowie die noch heute einflussreiche psychoanalytische Interpretation Sigmund Freuds. Der Kurs verfolgt die Frage, wie Melancholie definiert und erklärt, wozu und in welchen Wissensgebieten sie thematisiert und wie sie in diesen Zusammenhängen jeweils bewertet wurde. Das Spektrum der Bewertungen reicht von der Verdammung der Melancholie als Todsünde bis hin zu ihrem Genuss als ‚joy of grief‘ und ihrer Glorifizierung als Signum von Genialität und tiefergehender Erkenntnis des unglücklichen Bewusstseins. Was sagen diese unterschiedlichen Erklärungen und Bewertungen über die Wirklichkeitsvorstellungen und Selbstbilder aus, in denen Personen, Gesellschaften und Kulturen sich konstituieren? - Literatur: László F. Földényi: Melancholie, Berlin 2020; Erin Sullivan: Beyond Melancholy: Sadness and Selfhood in Renaissance England, Oxford / New York 2016; Angus Gowland: The Worlds of Renaissance Melancholy: Robert Burton in Context, Cambridge / New York 2006; Peter Sillem: Saturns Spuren. Aspekte des Wechselspiels von Melancholie und Volkskultur in der Frühen Neuzeit, Frankfurt a. M. 2001; Rainer Jehl / Wolfgang E. J. Weber (Hg.): Melancholie. Epochenstimmung – Krankheit – Lebenskunst, Stuttgart / Berlin / Köln 2000; Wolf Lepenies: Melancholie und Gesellschaft. Mit einer neuen Einleitung: Das Ende der Utopie und die Wiederkehr der Melancholie, Frankfurt a. M. 1998; Martina Wagner-Egelhaaf: Die Melancholie der Literatur: Diskursgeschichte und Textfiguration, Stuttgart / Weimar 1997; Peter Sillem (Hg.): Melancholie oder Vom Glück, unglücklich zu sein, München 1997; Ludger Heidbrink: Melancholie und Moderne. Zur Kritik der historischen Verzweiflung, München 1994; Raymond Klibansky / Erwin Panofsky / Fritz Saxl: Saturn und Melancholie. Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin, der Religion und der Kunst, Frankfurt a. M. 1990.
- Trainer/in: Baehr Andreas
Mensch und Natur. Einführung in die Umweltgeschichte - SoSe 2024
In Zeiten von Pandemie und Klimawandel zeigt es sich besonders deutlich: Das Leben des Menschen ist von der Natur nicht zu trennen. Es zeigt sich, wie extreme Ereignisse in der natürlichen Umwelt – seien sie ihrerseits menschengemacht oder nicht – kulturelle, gesellschaftliche und politische Ordnungsgefüge ins Wanken zu bringen vermögen. Umweltgeschichte fragt danach, mit welchen Vorstellungen von der Natur derartige Erschütterungen verbunden sind. Sie fragt, wie die Natur in Früher Neuzeit und Moderne gedeutet und zu Kultur und Gesellschaft ins Verhältnis gesetzt wurde, und das heißt auch: zu menschlichem und göttlichem Handeln. Erscheint der Mensch als Teil oder Gegenteil der Natur? Lauert die Natur in der Außenwelt oder im Innern des Menschen? Kann und soll sie überwunden werden, oder dient sie als Zielvorstellung und Ideal? Bedroht sie den Menschen, weil der Mensch sie bedroht? Bei der Beantwortung dieser Fragen geraten Prozesse einer ‚Entzauberung‘ und ‚Wiederverzauberung der Welt‘ ebenso in den Blick wie Wahrnehmungen von Zeit und Geschichte; Umgangsweisen mit Risiken, Gefahren und Ungewissheiten stehen ebenso zur Debatte wie die Auswirkungen von Technisierung und Industrialisierung. Anhand der Interpretation von Quellen und der Diskussion von Forschungsliteratur führt das Seminar in das vielfältige Gebiet der Umweltgeschichte ein. - Literatur: Wolfgang Behringer: Kulturgeschichte des Klimas. Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung, 6. Aufl., München 2022; Patrick Kupper: Umweltgeschichte, Göttingen 2021; Reinhold Reith: Umweltgeschichte der Frühen Neuzeit, München 2011; Franz Mauelshagen: Klimageschichte der Neuzeit. 1500–1900, Darmstadt 2010.
- Trainer/in: Baehr Andreas
Mit dem Dynamit der Zehntelsekunden – Grundlagen des Konzepts filmischer Zeit - SoSe 2024
»Unsere Kneipen und Großstadtstraßen, unsere Büros und möblierten Zimmer, unsere Bahnhöfe und Fabriken schienen uns hoffnungslos einzuschließen. Da kam der Film und hat diese Kerkerwelt mit dem Dynamit der Zehntelsekunden gesprengt, so daß wir nun zwischen ihren weitverstreuten Trümmern gelassen abenteuerliche Reisen unternehmen.« (Benjamin, »Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Zweite Fassung« [1936], S. 376). Fast 90 Jahre nachdem Walter Benjamin im Pariser Exil diese Zeilen schrieb, hat das Kino viel von seinem revolutionären Charakter eingebüßt. Zugleich ist unsere Alltagswelt durchdrungen von Bewegtbildern, in Form von Werbung, Nachrichten und Social Media sind sie präsenter denn je und unsere Gegenwart ohne das filmische Bild überhaupt nicht denkbar. Das Seminar möchte sich Benjamins Fährte folgend der Frage widmen, worin bis heute die Sprengkraft filmischer Zeiterfahrung liegt und wie diese sprachlich gefasst werden kann: Wie lassen sich Zeitlupe, Zeitraffer, ›Echtzeit‹, Montage und Filmischer Rhythmus beschreiben? Welche Effekte werden durch sie erzeugt? Welche Auswirkungen hat filmisches Zeiterleben auf unsere Alltagswahrnehmung von Zeit? Und liegt darin nicht doch immer noch das Potential »abenteuerliche Reisen« zu unternehmen? Diesen Überlegungen möchte das Seminar nachgehen, indem zunächst durch kurze theoretische Texte und Medienbeispiele ein Vokabular entwickelt wird, das dann in analytischen Diskussionen konkreter Filme gemeinsamen fruchtbar gemacht werden kann.
- Trainer/in: Wiedergruen Lucia
- Trainer/in: Keck-Szajbel Mark
- Trainer/in: Lind Miriam
Ökologien der Zerstörung, extraktivistisches Kapital, ›Kohlenstoff-Imaginäres‹: Philosophien der Klimakrise - SoSe 2024
Unser Zeitalter steht im Zeichen einer planetarischen Biosphärenkrise, die durch die wechselseitige Verstärkung von Erderwärmung, Ozeanversauerung, Bodenversteppung und Artensterben bestimmt ist. Die neuzeitliche europäische Philosophie ist mit ihren Natur-Kultur-Trennungen und ihren Konzepten passiver Materie, zweckrationalen Handelns und instrumenteller Vernunft tief in die Klimakrise verwickelt. Vor diesem Hintergrund führt das Seminar in kritische Philosophien des Klimawandels ein und diskutiert die Gegenentwürfe, die den modernen Ökologien der Zerstörung im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert entgegengesetzt worden sind. Diese Entwürfe stehen vor einer Serie spannender philosophischer Herausforderungen, denn sie haben Natur-Kultur-Verhältnisse neu und anders zu denken und damit die Verteilungen von Handlungsmacht sowie die Verschränkungen von Ökonomie und Ökologie oder auch von Geologie und Biologie zu rekonzeptualisieren. Das Seminar widmet sich den unterschiedlichen Strategien, mit denen diese Herausforderungen in kritischen Theorien des Klimawandels sowie in dekolonialen oder Welt-Ökologien, aber auch in neuen Ontologien nicht/menschlicher Handlungsmacht angegangen worden sind.
Ausgangspunkt des Seminars ist die Kritik am undifferenzierten Menschheitsbegriff des Anthropozän-Ansatzes, der in den Erdsystemwissenschaften entwickelt worden ist. Dieser Ansatz besagte, dass "der Mensch" die Erdoberfläche in einem Ausmaß bearbeitet hat, dass seine Wirkung noch in ferner Zukunft in geologischen Gesteinsschichten ablesbar sein wird. Über dieses allgemeine Theorem eines menschengemachten geologischen Zeitalters von hoher Instabilität hinausgehend, setzt sich das Seminar mit weiterführenden Erklärungsschemata der Klimakrise auseinander: Dabei werden wir verschiedene Ansätze erörtern wie die des "Kapitalozäns" und einer "Weltökologie von Macht, Kapital und Natur" (Jason Moore u. a.), des "Chthuluzäns" und einer Ontologie artenübergreifender Gattungsgefährt:innenschaft (Donna Haraway u.a.), des "Plantagenozäns" und der Analyse kolonialer und nachkolonialer Monokulturen, Ressourcen-Extraktionen sowie versklavter, sklavereiähnlicher oder entgarantierter Arbeitsverhältnisse im Racial Capitalism (Anna Tsing, Francoise Vergès, Malcolm Ferdinand), aber auch des "Nekrozäns" und der Diagnose einer profitgetriebenen Logik des Massenaussterbens (Justin McBrien u.a.). Unter Einbeziehung der Akteur-Netzwerk-Theorie (Bruno Latour u.a.), der Geontologie (Elizabeth Povinelli) und eines neuen "Materialismus des Elementaren" (Denis Ferreira da Silva u.a.), in dem dekoloniale Theorien, New Materialism und politische Ökologien zusammengeführt werden, zielt das Seminar darauf, die unterschiedlichen Einsätze, Problemhorizonte, Begriffsvorschläge und Ursachendiagnosen in neuen Philosophien der Klimakatastrophe zu verstehen. Am Ende des Seminars sollte es uns gelingen, den Sinn von Konzepten des globalen ökologischen Risses, des (Neo-)Extraktivismus, der Earth-Care, des Kohlenstoff-Imaginären, der geologischen Zeit oder dekolonialen Ökologie kritisch einschätzen und kommentieren zu können.
Literatur, u. a.:
Jason W. Moore: "Über die Ursprünge unserer ökologischen Krise" (Prokla 185, 2016)
Donna Haraway: Unruhig bleiben. Die Verwandtschaft der Arten im Chthuluzän (Campus 2018)
Malcolm Ferdinand: Decolonial Ecology. Thinking from the Caribbean World (Polity 2021)
Françoise Vergès: Racial Capitalocene (Futures of Black Radicalism, Verso 2017)
Justin McBrien: "Accumulating Extinction. Planetary Catastrophism in the Necrocene" (in J. Moore (Hg.): Anthropocene or Capitalocene, PM Press 2016)
Einführungs- und Überblicksliteratur:
Frank Adloff/Sighard Neckel (Hg.), Gesellschaftstheorie im Anthropozän (Campus 2020)
Paul J. Crutzen/Eugene F. Stoermer: The "Anthropocene" (Newsletter des IGBP (The International Geosphere–Biosphere Programme, Nr. 41, 2000)
Eva Horn/ Hannes Bergthaller: Anthropozän zur Einführung (Junius 2019)
Jason Moore (Hg.), Anthropocene or Capitalocene. Nature, History, and the Crisis of Capitalism (PM Press 2016)
- Trainer/in: Diefenbach Katja
Online interactions and a sociolinguistics of digital cultures - SoSe 2024
MA Mehrsprachigkeit und Interaktion
Thursdays - from 9 to 11 am
The intricate relationship between language and society has helped shape various strands of linguistic research. Sociolinguistics, for instance, embraced the notion of superdiversity (Vertovec, 2010) by acknowledging the influence of migration waves and digital technologies on social and linguistic practices (Blommaert & Rampton, 2011). More recently, the continuous growth in digital communication as well as participation formats and affordances—with an ever-increasing impact on societal structures—led yet to new reflections on how Sociolinguistics, a discipline based on an interest in linguistic practice, could be brought together with Ethnomethodology, a field of studies where the fine-grained analysis of social action is in the spotlight. This represents a shift from “a sociolinguistics of offline areas and communities into a sociolinguistics of digital culture” in the words of the Belgian sociolinguist Jan Blommaert.
In this seminar, we will focus on two publications by Blommaert before his sudden death in 2021, Durkheim and the Internet (Blommaert, 2018) and Online with Garfinkel (Blommaert et al., 2019). In the first part of the seminar, we will focus on theoretical considerations, and, in the second part, we will review empirical studies of digital communication which bring together the analytical tools from Sociolinguistics and Ethnomethodology. Finally, in the third part of this seminar, students will engage in their own small case studies by collecting, and analyzing digital-communication data as well as sharing their findings with the whole group.
Please note that this is not a hybrid seminar. Students are expected to attend all sessions and participate actively in discussions and group work.
Image: Akemi Paz
- Trainer/in: Mendes de Oliveira Milene
Perspectives on digital interculturality - SoSe 2024
BA Cuso Media
Thursdays - from 2 to 4 pm
A myriad of intercultural interactions of various kinds have now become an everyday experience, mediated digitally via screens. This reflects a need for the extension of the understanding of intercultural communication. The term ‘digital interculturality’ has been suggested for describing digital practices embedded in a kind of hyper interculturality with its potential for a vast variety of new and diverse connections (and disconnections).
In this seminar, we will examine ‘digital interculturality’ from a variety of perspectives - from the fine-grained viewpoint of interactional practices in online interactions to broader discussions around ethical and sociopolitical issues arising from the growing use of digital technologies to mediate intercultural communication. Concretely, students will be required to read texts that deal with these different aspects of digital interculturality and will be asked to give presentations and/or write essays that shed light on specific intercultural practices identified in digital spaces.
Please note that this is not a hybrid seminar. Students are expected to attend all sessions and participate actively in discussions and group work.
Image: Akemi Paz
- Trainer/in: Mendes de Oliveira Milene
Polarization and Democracy - SoSe 2024
In recent years, there is a growing discussion on political and social polarization. In this course, we will read and discuss different perspectives on the causes and consequences of polarization. Course contents include different understandings of polarization itself, the role of (social) media and political actors in the process of polarization, the consequences of polarization for the political system and for society, as well as critical perspectives that connect polarization to the fight against inequality.
At the end of the course course, students can
- distinguish different aspects of polarization
- sketch potential causes of polarization
- analyze and evaluate interventions for depolarization
- critically discuss the consequences of polarization for democracy
During the course, we will also practice to formulate and criticize scientific arguments in English by reading and discussing different types of texts.
- Trainer/in: Gessler Theresa
Pragmatics: Language in Context - SoSe 2024
The study of pragmatics is not only interested in how contextual factors influence the meaning of linguistic utterances but also, more broadly, aims to illustrate “how we produce and understand acts of verbal and nonverbal communication” (Clark, 2021, p. 2). Some of the influential theories in early pragmatics are speech acts (Austin, 1962; Searle, 1969) and implicature (Grice, 1975). These theories of modern philosophers influenced many scholarly orientations and interests with a wide range of topics in contemporary linguistics, including discourse analysis and multimodal communication (Blommaert, 2011, p. 122). In this seminar, we will learn the key ideas in pragmatics that impacted the later work on language, context and meaning. Each class, we will read theoretical texts and analyze some real-life examples (mostly from social media) where students are encouraged to bring their own observations and materials to study in class.
- Trainer/in: Leblebici Reyhan Didem
Projektseminar: Politische Sprache im Landtag - SoSe 2024
Parlamente gehören zu den wichtigsten Orte politischer Diskussionen und Entscheidungsfindung in Demokratien. Im Zentrum des Seminars steht die Untersuchung von politischen Debatten am Beispiel des Landtags Brandenburg. Im Kurs tauchen wir tief in die Strukturen und Arbeitsweisen von Parlamenten ein: Wir diskutieren bestehende politikwissenschaftliche Forschung zu parlamentarischen Debatten und lernen, wie wir solche Debatten mit dem Programm R quantitativ analysieren können. Zentrale Themen sind zum Beispiel die Veränderung der politischen Debatte, die Repräsentation von verschiedenen Gruppen und Unterschiede zwischen Parlamentarier:innen. Das Projektseminar - in Zusammenarbeit mit dem Besucherdienst des Brandenburgischen Landtags - bietet nicht nur theoretisches Wissen, sondern ermöglicht es auch, quantitative Methoden zur Analyse von großen Mengen politischer Texte zu erlernen und praktische Einblicke in die Funktionsweise des Landtags Brandenburg zu gewinnen. Studierende lernen Forschungsfragen zu entwickeln, zu bearbeiten und zu präsentieren, die einen direkten Bezug zu aktuellen politischen Debatten herstellen.
- Trainer/in: Gessler Theresa
Rechtspopulistische Feindbildkonstruktionen: Anti-Feminismus und Genderphobie im europäischen Vergleich - SoSe 2024
Rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen teilen einen autoritär-ausschließenden Nationalismus, der sich in einwanderungsfeindlicher Politik äußert. Ein gemeinsames strategisches Element zeigt sich in der Konstruktion von einer „Wir-Gruppe“, die „den“ oft unklar definierten „Anderen“ entgegengestellt wird. Seit einigen Jahren lässt sich diese rechtspopulistische „Wir-gegen-Die“-Dichotomie ideologisch aber auch verstärkt gegenüber Politiken und Akteuren beobachten, die sich für Geschlechtergerechtigkeit, Anti-Diskriminierung oder Gender-Perspektiven in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft einsetzen. Feminismus und „Gender“ bzw. das, was als „Genderideologie“ verstanden wird, sind (nicht nur) in Europa zu effektiven rechtspopulistischen Feindbildern geworden, die auch in die Mitte der Gesellschaften wirken.
Wir fragen in diesem Vertiefungsseminar zunächst nach den ideologischen und strategischen Mustern dieser Feindbildkonstruktionen, den Akteuren, die sich auf sie berufen und nach der Relevanz länderspezifischer Kontexte, in denen Anti-feministische und genderphobe Positionierungen zu öffentlichen Konflikten führen. Auf dieser Grundlage lassen sich dann Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb ähnlicher Konfliktlagen in unterschiedlichen Ländern erkennen. Zwei übergeordnete Frage richten sich auf die Gründe für diese Art der Feindbildkonstruktionen und inwiefern sie politisch Wirkung zeigen.
Der erste Teil des Seminars ist begrifflichen und konzeptionellen Klärungen innerhalb der Rechtsradikalismus- und Anti-Gender-Forschung gewidmet. Dazu gehören Konzepte wie „Rechtsradikalismus“, „Populismus“, „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ und natürlich „Gender“. Ein kleiner methodischer Teil vermittelt Grundelemente der vergleichenden Methode. Ausgewählte Länderstudien zu Anti-Feminismus/Anti-Genderismus ermöglichen dann eine vergleichende Perspektive auf Akteure, Narrative und Kontexte. Kurzreferate zu unterschiedlichen Fallbeispielen stellen für diesen Vergleich die Grundlage.
Lernziele: Grundbegriffe der anti-genderbezogenen Rechtsradikalismusforschung kennenlernen
Anti-feministische und genderphobe Akteure, ihre Narrative und Strategien identifizieren
Fallbeispiele präsentieren und vergleichen
Literatur:
Hennig, Anja (2018): Political genderphobia in Europe: accounting for right-wing political-religious alliances against gender-sensitive education reforms since 2012. Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik (2), 193-219.
Spierings, Niels (2020): Why Gender and Sexuality are both trivial and pivotal in Populist Radical Right Parties, in: Dietze, Gabriele, Roth, Julia (Hg.): Right-Wing Populism and Gender: European Perspectives and Beyond; transcrift: Bielefeld.
Zick A, Berghan W, Mokros N (2019): Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland 2002-2018/19. In: Verlorene Mitte - Feindselige Zustände.
- Trainer/in: Hennig Anja